Adele ist wieder da. Seit Freitagmorgen ist das Video zu ihrer
neuen Single "Hello" online. Trotz der aufwendigen Inszenierung bleibt
der Clip dem Adele-Universum treu - es fließen reichlich Tränen. Sehen
Sie selbst. Ein Haus im Wald. Tote Fliegen auf der Fensterbank. Abgedeckte Möbel
unter dicker Staubschicht. Draußen fährt ein Auto vor. Die Sängerin
Adele steigt aus. Sie versucht per Handy zu telefonieren, bekommt aber
keinen Empfang. Über den Bildern liegt eine Atmosphäre der
Vergeblichkeit und Melancholie. Adele betritt das Haus, in dem sie
mutmaßlich einst glücklich war, lässt frische Luft hinein. Erst dann,
nach mehr als einer Minute, setzt die Musik ein. So beginnt das von Fans sehnlichst erwartete Video zu Adeles neuer
Single "Hello" (am Ende dieses Artikels zu sehen), mit der sich die
britische Sängerin nach vier Jahren Pause zurückmeldet. Am
Freitagvormittag wurde es online veröffentlicht - und dem damit
betriebenen Aufwand ist deutlich anzumerken, dass es nicht irgendeiner
Popsängerin den Weg zurück in die Öffentlichkeit ebnen soll, sondern
einem weithin verehrten Superstar, der bisher mehr als 50 Millionen
Tonträger verkaufte. Immerhin engagierte Adeles Plattenfirma für das sechs Minuten lange,
in Montreal gedrehte Video den franko-kanadischen Filmemacher Xavier
Dolan. Der machte sich mit Dramen wie "Sag nicht, wer du bist" und
"Mommy" einen Namen als einer der zurzeit aufregendsten jungen
Regisseure. So tendiert das Video zu "Hello" in seinem ästhetischen
Anspruch denn auch Richtung Spielfilm - und bleibt doch eindeutig das
Werk von Adele. Dolan fotografierte "Hello" zwar in - jetzt muss dieses Adjektiv
einfach fallen - stimmungsvollem Schwarz-Weiß und deutet mit dem Auftakt
einen gewissen epischen Unterbau an, aber danach geht es in recht
konventioneller Musikvideo-Tradition weiter. Adele erinnert sich in dem
Song an eine verflossene Liebe, und dementsprechend kommen Tränen,
verschmierte Wimperntusche, Regen und eine Windmaschine zum Einsatz, die
das Haar der leidenden Sängerin auf das Schönste verwuschelt. Dolan inszeniert Adele als Leidensfrau, in der Rolle also, in der das
Publikum sie liebt. Wobei in ihren Balladen der durch allerlei
Streicher und Chöre schwellende Bombast nie ein tief empfundenes, wahres
Gefühl zu erdrücken vermag. Adeles Songs sind vor allem wegen dieser
emotionalen Glaubwürdigkeit eher Mini-Opern als Popschnulzen. In diesem Sinne kann "Hello" problemlos mit Balladen wie "Someone Like
You" und "Set Fire to the Rain" mithalten, mit denen Adele schon so
erfolgreich war. Auch, weil sich der neue Song ebenfalls schon nach dem
ersten Hören in die Hirnwindungen schraubt und einen formidablen Ohrwurm
abgibt. Die musikalische Vergangenheitsbewältigung der Sängerin, die mit
ihren Alben "19" und "21" begann, geht mit ihrer neuen Platte "25" also
in eine neue Runde. Diesmal, so ließ Adele ihre Fans in einem Brief wissen, sei Wiedergutmachung das Thema: "Ich versöhne mich mit allem, was ich je getan und nicht getan habe." Ein Gefühl, dem Xavier Dolan im "Hello"-Video mit seinen epischen
Bildern Raum gibt. Wer weiß, wohin der Dreh mit ihm Adele noch führt.
Die Erfahrung sei unglaublich gewesen, sagte sie am Freitag im Interview
mit Apples Radiostation Beats 1 - jetzt wolle sie Schauspielerin
werden.
Quelle:
http://www.spiegel.de/kultur/musik/adele-hello-das-neue-video-zum-album-25-ist-online-a-1059277.html
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