Viele Paare in der Halle
Schon vor dem Konzert spürte man Aufgeregtheit in der Halle,
heitere Nervosität, da bahnte sich etwas Besonderes an. Es waren
auffallend viele Paare da, sie tranken Sekt für 4,50 Euro das Glas.
Männer streichelten erwartungsfrohen Frauen über den Rücken, Freundinnen
warfen das Haar in die richtige Position, weil sie sich mit
Selfiestangen fotografierten wollten, dazu lief "Rock With You" von
Michael Jackson vom Band, und zwischen den Großen hüpften Kinder, die
das erste Mal in einem Konzert waren - das Mädchen mit dem rosa
Prinzessinnen-Kleid etwa und der Junge mit der Trainingsjacke des TuS 07
Liedberg. Es roch nach Parfüm und Nachos, es roch nach Bratwurst und
Bier, es roch nach der Verheißung des Samstagabends.Adele erzählte vor jedem Song Geschichten, niemand sonst macht so
ausführliche Ansagen. Ob man das kenne, dass man jemanden eigentlich aus
seinem Leben verabschiedet habe, aber dann kehre er doch immer wieder
zurück? Ja, riefen viele in der Halle. "Jeder hat so jemanden",
bestätigte Adele, manche Typen werde man einfach nicht los. Sie lachte
laut und ziemlich englisch, hä hä, und dann sang sie "Send My Love (To
Your New Lover)". Sie schwärmte von ihrem drei Jahre alten Sohn und sang
"Sweetest Devotion", sie holte drei Frauen aus Kalifornien auf die
Bühne, die bei der Air Force arbeiten, und sie machte Selfies mit ihnen.
Sie sagte, dass sie deshalb nicht im Video zu "Skyfall" auftauche, weil
sie "heavy pregnant" gewesen sei damals und dicke Lippen gehabt habe
und eine geschwollene Nase. Und
sie holte Alijah und deren Mama aus Düsseldorf auf die Bühne und
fragte, wo man denn in Köln so hingehen könne, und die Zehnjährige
antwortete lakonisch: "I don't know". Dann sang Adele "Rumour Has It", "einen meiner zwei Uptempo-Songs". Die große, von einem Lichtstreifen gerahmte Leinwand wurde irgendwann
eingezogen, dahinter thronte eine 20-köpfige Band in 20er-Jahre
Ambiente, es gab Streicher und ein Piano. Lampen schickten Lichtfäden in
die Halle, die zu sich einem leuchtenden Gewebe verbanden, und Adele
stand da und sang. Ihre Besonderheit ergibt sich auch aus dem Gegensatz
zu anderen Künstlerinnen in der Champions League des Pop: Da schwärmen
eben nicht sechs muskelgeölte Boys um sie herum, da bläst keine
Windmaschine das Haar aus ihrem Gesicht, und sie veranstaltet keinen
zweistündigen Workout. Sie orientiert sich am klassischen Entertainment
einer Barbra Streisand. Sie ist just Adele.
"Million Years Ago"
Sehr schön war der Akustikteil, Adele brachte das rührende Lied
"Million Years Ago" zur Gitarre, und manchmal, wenn sie über verflossene
Liebhaber sang, verzog sie ihr Gesicht und machte Gesten, die den
Glamour und den Feinsinn brachen, das war dann East London, bierselige
Britishness, jedenfalls war es sehr sympathisch, weil authentisch, und
überhaupt kann sie sehr herrlich fluchen. Ihren frühen Hit "Chasing
Pavements" sang sie wieder auf der kleinen Bühne, sie klatschte die Fans
ab, als sie durch die Reihen ging, und das Lied war toll inszeniert:
Adele hinter einem Gaze-Schleier, auf den man sie in Schwarzweiß
doppelte. Schließlich ließ sie es regnen, da kam echtes Wasser herunter,
aber Adele stand im Trockenen und sang "Set Fire To The Rain". Zu "When We Were Young" zeigte sie Fotos aus dem Familienalbum,
auf einem trug sie ein T-Shirt der Band East Seventeen. Ein letzter
Höhepunkt war nach etwas mehr als zwei Stunden die letzte Zugabe:
"Rolling In The Deep" im Konfettiregen, völlige Ekstase, totale
Zuneigung. Beim Rausgehen sagte eine Dame zu ihrer Freundin, dass das
alles aber sehr schön gewesen sei. Ja.
Quelle: http://www.rp-online.de/nrw/staedte/koeln/adele-in-koeln-ein-triumphaler-abend-aid-1.5977901
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